Wasseraufnahme von XPS-Dämmplatten

Bei langzeitigen Eintauchen darf diese höchstens 0,7 Vol.-% betragen.
Die Wasseraufnahme durch Diffusion darf höchstens 3,0 Vol.-% betragen.

Diese präzisen Forderungen der „Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen“ an die Hersteller von extrudierten Polystyrol-Wärmedämmplatten und an die von Ihnen vertriebenen Produkte werden nach unseren Erfahrungen und den Schadensberichten vieler Sachverständiger in vielen Fällen nicht erfüllt. 

Das Umkehrdach unterscheidet sich in seiner Bauweise vom klassischen Warmdach hauptsächlich dadurch, dass die Abdichtung direkt auf der Tragkonstruktion verlegt wird. Zum einem kann dadurch eine Dampfsperre entfallen, zum anderen ist die Dachhaut zwar durch die darauf gelegte Wärmedämmschicht gut geschützt, aber genau dieser Wärmedämmstoff, der jetzt umgekehrt auf den Dichtungsbahnen liegt, ist nun vielen Belastungen direkt ausgesetzt, denen er oft nicht standhält.

Aufgrund unserer bisherigen Erfahrung schätzen wir folgende Thematik als problematisch ein. Die XPS-Hartschaumplatten nehmen zwar kein Wasser auf, sind jedoch nicht dampfdicht. Das bedeutet, dass diese Wärmedämmplatten für diffusionsoffene Konstruktionen, wie z. B. der Auflast mit einer losen Kiesschüttung und einem Mindestgefälle von 2,5 %, so dass anfallendes Regenwasser zu 100 % abgeleitet wird, gut geeignet sind. Als problematisch sehen wir jedoch zunächst das in den meisten Schadensfällen fehlende Gefälle von mindestens 2,5 % sowie die Aufbringung von Schichten, deren Gefüge dampfdichter als XPS-Schaum ist, was in der Regel bei befahrenen Dachflächen der Fall ist. Betonplatten, die direkt auf den XPS-Dämmplatten aufliegen, sind deutlich dampfdichter als diese, aber auch stehendes Wasser erzeugt bei einer gefällelosen Dachfläche, bei denen die Gullys an den Stützen angeordnet werden und durch die natürliche Erschlaffung der tragenden Konstruktion in Feldmitte zwischen den Stützen auch so starke Wasseransammlungen, verursachen, dass diese die XPS-Dämmplatten auch überstauen können, was aber nach der „Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung“ ausgeschlossen werden muss.

Diese Wasseranstauungen führen unserer Erfahrung nach dann zu einer starken Feuchtediffusion in die Wärmedämmschicht, bis dieses angestaute Wasser günstigstenfalls verdunstet ist, so dass über einen längeren Zeitraum Wasserdampf in die Wärmedämmung eindringen kann und sich dann dort in den Poren festsetzt. 

Da Dämmplatten aus extrudiertem Polystyrol-Hartschaum nicht wassersaugend und nicht hygroskopisch sind, kann Feuchte und Wasser deshalb nur durch Dampfdiffusion im Temperaturgefälle in den Dämmstoff eindringen. Die sich im Jahresverlauf einstellenden Dampfdrücke an der Ober- und Unterseite der Dämmplatten sowie deren Diffusionswiderstand und Dicke bestimmen daher das Feuchteverhalten der Dämmschicht.

Bei den von uns durchgeführten Sanierungsfällen haben wir mehrfach eine extreme Wasseraufnahmefähigkeit dieser Platten feststellen können, welche zunächst durch eine ausgesprochen starke Gewichtszunahme deutlich wird. Unserer Auffassung nach ist das Risiko bei einem Umkehrdach unter begeh- und befahrbaren Belägen besonders groß, dass es zu einer schleichenden Reduzierung der Wärmedämmfähigkeit kommt, die in der Regel nicht oder nur sehr spät bemerkt wird – im Gegensatz zu Undichtigkeiten einer Dachhaut, die in der Regel sofort bemerkt werden. Darüber hinaus wird oft vergessen darauf hinzuweisen, dass auch das Unterströmen der XPS-Hartschaumplatten zu deutlichen Energieverlusten führt. 

Aufgrund der regelmäßigen Unterströmung der Dämmplatten durch Niederschlagswasser herrschen an der Plattenunterseite in der Regel das ganze Jahr über Sättigungsfeuchtebedingungen (relative Feuchte 100 %). Für die Frage, ob sich in den Platten nach einer gewissen Zeit ein Gleichgewichtszustand oder eine kontinuierliche Feuchteakkumulation einstellt, dafür ist neben den Temperaturverhältnissen vor allem die langfristige Feuchtesituation an der Oberseite der Dämmschicht ausschlaggebend.

Das Unterströmen hat bei der Berechnung des Bauteils einen wärmetechnischen Zuschlag von bis zu 30 % zur Folge, mit dem die XPS-Dämmung gemäß DIN 4108-2 und der bauaufsichtlichen Zulassung bei Umkehrdächern dann stärker bemessen werden muss.

Nun zu unseren Feststellungen, die wir durch Gutachten belegt haben:

Die Sanierung des Parkdecks eines Geschäftshauses in Dortmund, Hagener Straße 148, wurde durch uns im Jahre 2013 begonnen und 2014 nach unserem System saniert. Im Zuge der Rückbauarbeiten stellten wir eine erhebliche Gewichtszunahme der extrudierten Polystyrol-Hartschaumplatten fest. Das war der Anlass, durch die Ingenieurgesellschaft Amend + Hinrichs die Wasseraufnahme und die Wärmeverluste untersuchen zu lassen. 

Für die labormäßige Untersuchung wurden 4 Dämmplatten herausgenommen und 14 quadratische Proben von ca. 20 x 20 cm herausgeschnitten, luftdicht und in Folie verpackt, um sie dem Labor zur Verfügung zu stellen. Die 4 Dämmplatten, die zur Untersuchung herausgenommen wurden, sollten gemäß dem Zulassungsbescheid des Deutschen Instituts für Bautechnik vom 04.05.1994 folgende physikalische Eigenschaften haben:

 

Abmessungen:1,25 x 0,60 x 0,10 m
Wärmeleitfähigkeit: Messwert nach DIN 52 612:0,025 W/m·K
Rechenwert:0,030 W/m·K
Druckfestigkeit oder Druckspannung bei 10 % Stauchung:0,30 N/mm²
Rohdichte:33 kg/m³
Wasseraufnahme:max. 3,0 Vol.-%

 

Ausgehend von diesen Werten wiegt eine trockene XPS-Hartschaumplatte im Auslieferungszustand rund 2,5 kg. Die schwerste Dämmplatte bei diesem Sanierungsobjekt wog 21,5 kg, was dem 8,6-fachen entspricht. Das bedeutet, dass die Differenz von 2,5 kg zu 21,5 kg 19 kg beträgt und das dadurch verursacht wurde, dass nun in dieser Platte von 1,25 x 0,60 und 10 cm Stärke 19 Liter Wasser in den Poren eindiffundiert und gebunden waren. Im Mittel aller Platten wogen die durchfeuchteten Platten rund 15 kg. Also 6-mal so viel wie ein trockener Dämmstoff.

Die Prüfung der Wärmeleitfähigkeit der schwersten quadratischen Probe erfolgte durch das Forschungsinstitut für Wärmeschutz e. V. München und stellte für diese Platte eine Wasseraufnahme von 23,7 Vol.-% fest, obwohl die Zulassung vorschreibt, dass die Wasseraufnahme für derartig zu verwendende Wärmedämmplatten höchstens 3,0 Vol.-% betragen darf. 

Die Sachverständigen kommen zu folgendem Ergebnis: 

 

  • Mit Feuchtegehalten von 10,5 bis 23,7 Vol.-% liegen alle 14 entnommenen Proben weit über dem Grenzwert der Wasseraufnahme von max. 3 Vol.-% gemäß Zulassungsbescheid.
  • Im Maximalfall beträgt der Feuchtegehalt 26,4 Vol.-%, was zu einer Verschlechterung der Wärmeleitfähigkeit der XPS-Hartschaumplatten von ehemals 0,025 W/m·K auf 0,055 W/m·K führt und einer Zunahme um 119 % entspricht.
  • Im Mittel beträgt der Feuchtegehalt 15,6 Vol.-%, was zu einer Verschlechterung der Wärmeleitfähigkeit auf 0,044 W/m·K führt und einer Zunahme um 78 % entspricht.

 

Der vorhandene Dämmwert entspricht nur noch einer knapp 6 cm dicken Dämmung im Urzustand bzw. hätte eine 17,5 cm dicke Dämmung eingebaut werden müssen statt der 10 cm, um die Verschlechterung der Wärmeleitfähigkeit zu diesem Zeitpunkt zu kompensieren.

Gemäß den Erfahrungen der Gutachter – die sich mit unseren decken - führen mehrere Ursachen zu erhöhten Feuchtigkeitswerten von XPS-Hartschaumplatten:

 

  • Fehlendes Gefälle und wenige Abläufe einhergehend mit einer mangelnden Entwässerung und Stauwasserbildungen.
  • Wasserfilm unter und über der Dämmung.
  • Dampfbremsende Wirkung des Pflasterbelages, der auf einer Kiesschicht aufgebracht worden ist und der sich ergebenden Wasserrückhaltenden Schicht aus Feinst- und Schmutzbestandteilen auf der Dämmung infolge von Sedimentationsprozessen.

 

Von allen vorgenannten Punkten geht unserer Erfahrung nach eine dampfdiffusionsbremsende Wirkung aus, die zu einer Feuchteanreicherung im Winter an der Warmseite der XPS-Dämmung infolge von Dampfdiffusion mit Tauwasserausfall und einer Feuchteakkumulation führt, da die oberseitige Dampfdiffusionsbremse das Austrocknen im Sommer verhindert. 

Diese Mängel und Risiken bei Umkehrdächern teilen die Professoren Dr.-Ing. Rainer Oswald und Dipl.-Ing. Heinrich Rojahn, die ihre Erfahrungen und ihre diesbezüglichen Schadenfeststellungen festgehalten haben in ihrem Buch „Schäden an genutzten Flachdächern“, erschienen 2005.

In ihrem Vorwort schreiben sie:

„So wichtig Lehrbücher über Baukonstruktionslehre sind, sie haben das Entstehen vieler Bauschäden nicht verhindern können. Erst die spezielle Darstellung der Bauschäden ermöglicht ihre gezielte Vermeidung. Solche Darstellungen sind für die Planer warnende Hinweise, vergleichbar den Warnschildern im Straßenverkehr. Sie warnen vor gefährlichen Stellen.“

Auf den Seiten 33 und 34 des Fachbuches von Oswald/Rojahn: „Schäden an genutzten Flachdächern“ wird auf diese Problematik eingegangen und deren negative Entwicklung überzeugend nachfolgend erklärt.

„Da extrudierte Polystyrolhartschäume nicht diffusionsdicht sind, kann es über lange Frist durch Tauwasserbildung im Dämmstoff zu einer bedeutenden Verminderung der Wärmeschutzeigenschaften kommen, wenn unter der Dämmung langanhaltend ein aus Niederschlägen herrührender Wasserfilm zu erwarten ist und zugleich oberseitig eine Schicht mit hoher diffusionshemmender Wirkung. Während beim nicht genutzten UK-Flachdach die in DIN 4108-3 daher geforderte „dampfdurchlässige Auflast“ z.B. durch Grobkies in der Regel ausgeführt wird, muss besonders beim genutzten Flachdach auf dieses Problem geachtet werden. Wichtig ist, dass nicht nur Folienabdeckungen auf der UK-Dämmung, sondern auch dauerfeuchte Schichten – z.B. das Sandbett von Terrassenbelägen – mittelbar auf der Dämmung aufliegende Erdsubstratschichten von Dachbegrünungen und erst recht Wasserüberstauungen praktisch wie oberseitige Dampfsperren wirken und daher vermieden werden müssen. Die Bauaufsichtlichen Zulassungen machen zu den verschiedenen Einbausituationen genauere Ausführungsanforderungen.“

Abb. 3.05-3.06: Diffusionsvorgänge beim UK-Dach

Diese Auswirkungen der Feuchtigkeitszunahme und die damit verbundene Minderung des Wärmeschutzes ist anhand der folgenden Abbildung von Oswald u. Rojahn nachzuvollziehen.

Verminderung des Wärmedämmvermögens der XPS-Hartschaumplatten bedeutet höhere Energiekosten

Die allmähliche Verminderung des Wärmedämmvermögens der XPS-Hartschaumplatten in der Folge einer unzulässigen Wasseraufnahme führt zu Mehraufwendungen an Energiekosten. Beim Objekt in Dortmund haben das die Ing.-Ges. Amend + Hinrich abgeschätzt unter folgenden Annahmen:

Parkdeckfläche:3.000 m²
Betrachtungszeitraum:30 Jahre
Heizgradtagszahlfaktor FGT:78 kKh/a
Abminderungsfaktor für Nachtabsenkung:0,95
Wärmedurchgangskoeffizient:U-Wert geplant:
U-Wert feucht:
Differenz:
0,23 W/m²·K
0,36 W/m²·K
0,13 W/m²·K

Mittlere Energiekosten über Betrachtungszeitraum 
bei einer Preissteigerungsrate von 8 %/a:0,32 €/kWh
Berechnung:78 kKh/a · 0,95 · 0,13 W/m²·K · 0,32 €/kWh = 
3,08 €/m²·a · 3.000 m² ∙ 30 Jahre 


= 277.430,00 €

 

Nach einer Standzeit von rund 30 Jahren führt ein mittlerer Feuchtigkeitsgehalt von 15,6 Vol.-% zu einer Verschlechterung der Wärmeleitfähigkeit der XPS-Hartschaumplatten auf 0,044 W/m·K. Bei einem linearen Verlauf der Kurve ist daher über einen Betrachtungszeitraum von 30 Jahren von einem Feuchtegehalt von 7,8 Vol.-% auszugehen, die eine Verschlechterung der Wärmeleitfähigkeit der XPS-Hartschaumplatten auf ca. 0,04 W/m·K bedeutet. Legt man die mittleren Energiekosten über den angegebenen Betrachtungszeitraum bei einer Preissteigerungsrate von ca. 8 % per anno zugrunde, so lassen sich die Mehraufwendungen auf rund 227.000,00 € abschätzen.

Aufgrund der dampfdiffusionsbremsenden Wirkung der Schichten über der XPS-Dämmung kommt es zu einer erheblichen Feuchtigkeitsanreicherung im Dämmstoff mit Feuchtegehalten von 10,5 – 23,7 Vol.-%, die weit über dem Grenzwert der Wasseraufnahme von max. 3 Vol.-% gem. Zulassungsbescheid liegen. Die extrudierten Polystyrol-Hartschaumplatten erfüllen nicht die Anforderungen des Zulassungsbescheids. Dies hat eine wesentliche Verschlechterung der Dämmwirkung und eine Erhöhung des Heizenergieverbrauchs zur Folge.

Abschließend kommt das Sachverständigenbüro Amend + Hinrichs bei dem Schadensfall in Dortmund zu folgendem Ergebnis:

Umkehrdächer mit befahrbaren Belägen sind ungeeignet.

"Basierend auf jahrzehntelangen Erfahrungen mit Umkehrdächern mit befahrbaren Belägen sind diese als ungeeignet zu bezeichnen und sollten daher weder geplant noch ausgeführt werden. Dies gilt für alle Belagsarten, gleich ob Verbundsteinpflaster im Splittbett oder ortbetonierter Betonfahrbelag oder Betonfertigteilplatten auf Stelzlagern. Diese Empfehlung basiert auf jahrzehntelangen Erfahrungen und ist durch die sorgfältige und breite Recherche der Fachliteratur und Datenbanken zu Bauschadensfällen zu belegen."

Zu einer gleichlautenden Beurteilung gelangen L. Franke, G. Deckelmann auf der Seite 67 ihres Buches „Die Ausführung des Umkehrdaches bei erhöhten Anforderungen an den Wärmeschutz“. Hier heißt es:

„Nicht bewährt haben sich Umkehrdächer mit einem mehrlagigen Aufbau der Wärmedämmung über der Abdichtungsebene, da es bei derartigen Konstruktionen zu einer erhöhten Feuchtigkeitsanreicherung in den unteren Lagen der Dämmebene kommt.“

Ihre Ermittlungen enthalten zusammengestellte Untersuchungsergebnisse von Umkehrdächern mit Fahr- und Plattenbelägen. Die mittleren Feuchtegehalte schwanken zwischen 0,02 und 12,8 Vol.-%. Auffallend sind die hohen Feuchtgehalte bei aufbetonierten Ortbetonplatten bzw. im Fall der Ausbildung eines Wasserfilmes von 4,0 - 5,0 Vol.-%, mit Maximalwerten von 11,0 - 12,0 Vol.-%. 

In einem Bauschadensbericht von Prof. Zimmermann wird von einer Feuchtigkeitsaufnahme der 6 cm dicken XPS-Dämmung von 14,8 bis 17,6 Vol.-% in einem 16 Jahre alten Terrassen-Schichtenaufbau mit Splittbett und Gehwegplatten berichtet. 

Ausweislich dem Gutachten der Franken-Consult über den Schadensfall Kaufhalle Ansbach betrugen in einem instandsetzungsbedürftigen Umkehrparkdach mit einem Verbundsteinpflasterbelag die Wassergehalte der XPS-Dämmung 16,7 Vol.-% der 8 cm dicken Platten und 6,5 Vol.-% der 4 cm dicken Platten. 

Von einer gravierenden Feuchtigkeitsaufnahme der XPS-Dämmung von 33,5 Vol.-% nach einem Zeitraum von 17 Jahren unterhalb eines aufgestelzten Betonplattenbelags wird in dem Zoontjens-Bericht über das ehemalige Fischauktionshaus Urk berichtet.

Es ist eigentlich nicht mehr zu begreifen, dass die Zulassung und deren Forderungen von 3 % Vol. Feuchtigkeitsaufnahme um das 10-fache oder um 1.000 % überschritten wird und dass dann das Deutsche Institut für Bautechnik und deren verantwortliche Mitarbeiter diesen Schadensfällen nicht mit der gebotenen Sorgfaltspflicht nachgehen, die dann sicherlich zu Einschränkungen der Zulassung führen müsste. 

Weiterlesen: Kein ausreichendes Gefälle